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01.12.2020 Ob in Talkshows, in privaten Gesprächen oder in Facebook-Gruppen: Treffen konträre Meinungen etwa über Corona aufeinander, fällt rasch jede Beißhemmung. An die Stelle argumentativen Austausches treten Beschimpfungen, Unterstellungen, persönliche Herabsetzungen, Pöbeleien, Drohungen. Sachfragen lassen sich so natürlich nicht klären. Aber will man das überhaupt? Zunehmend gewinnt man den Eindruck, dass es nur noch um Lautstärke und andere Formen des Dominanzverhaltens geht. Doch wer am lautesten brüllt, hat natürlich nicht automatisch recht. Er setzt sich nur für den Moment durch – eben durch aggressives Verhalten, durch Einschüchterung. Doch die zugrunde liegende Frage, die man doch im Gespräch sachlich klären wollte, wird so natürlich nicht geklärt. Dazu scheinen auch immer weniger Leute überhaupt in der Lage oder auch nur willens zu sein: Fundiertes Wissen, logisches Denken oder auch nur klare Formulierungen fehlen auf weiter Strecke – ebenso wie Bereitschaft, eine andere Meinung als die eigene anzuerkennen. Recht haben wird zu reiner Rechthaberei – ein Unterschied, den heute die Wenigsten verstehen dürften. Das ist keine Streitkultur, das ist verbales Rumgebolze. Wie kommt zu einer echten Streitkultur? Ruhe bewahren. Und Platon lesen – am Beispiel Sokrates lässt sich hervorragend studieren, wie man ein Streitgespräch im moderaten Tonfall gewinnt. Man täusche sich nicht: auch diese Form des Streits hinterlässt Sieger und Besiegte. Aber eben auf kultivierte Art.